Statement von Rechtsanwalt Prof. Dr. Ali B. Norouzi, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV)

Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung soll die digitale Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung einführen. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt das, bedauert jedoch, dass die Videoaufzeichnung nicht mehr verpflichtend im Entwurf enthalten ist.

„Bisher steht den Beteiligten von strafgerichtlichen Verhandlungen kein objektives, den Inhalt der Beweisaufnahme dokumentierendes Protokoll zur Verfügung. Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene digitale Dokumentation ist ein wichtiger Schritt, um den Strafprozess rechtsstaatlich zu modernisieren. Sie bietet eine zusätzliche Gewähr dafür, dass das Gericht bei der Abfassung seiner Urteile auf eine objektive und transparente Quelle zurückgreifen kann. Wer das Gesetz als ungerechtfertigtes Misstrauen gegenüber den Gerichten diskreditiert, verkennt, dass auch Kontrolle richterlicher Macht Kennzeichen des Rechtsstaates ist.

Das anhand der Aufzeichnung zu fertigende Transskript wird ein wichtiges Hilfsmittel für alle Beteiligten sein. Aber es soll das für die Revision maßgebliche Formalprotokoll nicht ersetzen. Dies wird bei der Kritik an der möglichen Qualität einer Transkription übersehen. Das Transkript hilft, Fehler im Formalprotokoll zu berichtigen. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit, muss sich derjenige, der sich auf das Transkript berufen möchte, die Aufzeichnung anhören. Vorbehalte gegen diesen wichtigen und rechtsstaatlich gebotenen Schritt verstehen wir daher nicht.

Wünschenswert wäre eine audiovisuelle Aufzeichnung des Prozesses – deshalb begrüßen wir, dass diese zumindest fakultativ weiterhin Teil des Gesetzentwurfes bleibt. Die Gerichte können dadurch die Vor- und Nachteile der Videotechnik erproben. Pilotversuche werden sicher dabei helfen, Vorbehalte – insbesondere bei der Richterschaft – abzubauen. Der Zeithorizont setzt dabei 2030 als Ziel!“

Quelle: Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung vom 11. Mai 2023

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