Mit Urteil vom 19. April 2023 zum Aktenzeichen 64 S 190/21 hat die unter anderem für Berufungen in Wohnraummietsachen zuständige Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin einer Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichts Köpenick stattgegeben und die Klage eines Mieters gegen seine Vermieterin auf Rückzahlung von teilweise grundlos gezahlter Miete abgewiesen, da dieser Anspruch zur Überzeugung des Landgerichts jedenfalls nicht dem Mieter zustehe.

Nach der Entscheidung der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin kann der Mieter von seiner Vermieterin dann keine Rückzahlung grundlos gezahlter Mieten verlangen, wenn er zum Zeitpunkt der Entstehung des Rückzahlungsanspruchs Sozialleistungen bezogen hat. Dies folge aus § 33 Abs. 1 SGB II, wonach jegliche Forderung eines Beziehers von Sozialleistungen, die während des Bezugs von Sozialleistungen fällig wird, auf den zuständigen Leistungsträger übergeht, soweit sie im Falle ihrer pünktlichen Erfüllung den Leistungsbezug im Folgemonat gemindert hätte.

In dem von der Zivilkammer 64 entschiedenen Fall verlangte der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses einen Teil der gezahlten Miete unter anderem mit der Begründung zurück, die Miete habe gegen die Mietpreisbremse verstoßen und sei in sittenwidriger Weise überhöht gewesen. Die Mietzahlungen für den Kläger und seinen damaligen Mitmieter waren ganz überwiegend durch das zuständige Jobcenter erbracht worden.

Das Amtsgericht Köpenick hatte der vom Kläger erhobenen Klage mit einem am 4. Juni 2021 verkündeten Urteil zum Aktenzeichen 2 C 260/20 im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger und seinen damaligen Mitbewohner insgesamt 11.513,77 EUR nebst Zinsen zurückzuzahlen. Der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung der Beklagten hat die Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin mit dem Urteil vom 19. April 2023 stattgegeben und die Klage abgewiesen.

Zur Begründung haben die Richter*innen der Zivilkammer 64 ausgeführt, dass dem Kläger zur Geltendmachung der Rückzahlungsansprüche die Berechtigung fehle, so dass die Klage ohne weitere Sachprüfung abzuweisen gewesen sei. Da die Mietzahlungen für den Kläger durch das zuständige Jobcenter übernommen worden seien, seien sämtliche Forderungen des Klägers aus dem Mietverhältnis nach § 33 Abs. 1 SGB II auf das Jobcenter übergegangen. Das Jobcenter habe dem Kläger die Forderungen ungeachtet eines Hinweises des Gerichts weder nach § 33 Abs. 4 SGB II rückübertragen noch ihn ermächtigt, die Forderungen für das Jobcenter durchzusetzen. Der Kläger könne diese Forderung deshalb nicht im eigenen Namen geltend machen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann dagegen Revision innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden. Die Zivilkammer 64 hat gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision gegen das Urteil zugelassen, da die entschiedene Rechtsfrage zum Anwendungsbereich des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 33 Abs. 1 SGB eine Vielzahl von Fällen betreffe und daher grundsätzliche Bedeutung habe.

Landgericht Berlin: Urteil vom 19. April 2023, Aktenzeichen: 64 S 190/21
Amtsgericht Köpenick: Urteil vom 4. Juni 2021, Aktenzeichen: 2 C 260/20

Quelle: Landgericht Berlin, Pressemitteilung vom 24. April 2023

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