Das Amtsgericht München hat am 09.02.2023 eine 37-jährige Angestellte wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit versuchtem Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zur unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagte bewahrte am 15.03.2022 in ihrer Wohnung vier Knospen Marihuanablüten, entsprechend einer Konsumeinheit Marihuana, wissentlich und willentlich auf. Die Angeklagte erkundigte sie sich bei ihrem jüngeren – damals 13-jährigen Sohn – per Nachricht mit den Worten „Hast mei gras“ nach ihrem Marihuana und forderte ihn anschließend auf, ihr dieses zu bringen.

Wenige Tage später forderte die Angeklagte mittels Textnachrichten ihren älteren – damals 14-jährigen – Sohn auf, für sie Marihuana im Wert von 100 EUR zu erwerben und an sie zu übergeben. Dieser teilte ihr mit, dass er wahrscheinlich erst am nächsten Tag einen Verkäufer finden würde.

Nicht festgestellt werden konnte, dass der Sohn der Angeklagten das von ihr geforderte Marihuana tatsächlich noch erworben und der Angeklagten übergeben hatte.

Der Strafrichter begründete die Verurteilung wie folgt:

„Eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr ist zur Ahndung erforderlich, aber auch ausreichend.

Für die Tat zu 1 ist als Einzelstrafe eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen (…) tat- und schuldangemessen. (…)

Zugunsten der Angeklagten sprechen allgemein ihr vollumfängliches und von erheblicher Reue getragenes Geständnis. Sie hat nach Entdeckung der Tat erhebliche Anstrengungen unternommen, um sich und ihrem Sohn künftig ein straffreies Leben ohne Betäubungsmittelkonsum zu ermöglichen. Insbesondere hat sie mit ihm dessen kriminogenes Umfeld, das auch sie offenbar benutzt hatte, um an Cannabis zu gelangen, verlassen. Sie lebt seither abstinent.

Die Tat bezog sich mit nur einer Konsumeinheit auf eine sehr geringe Menge einer weichen Droge. Die Angeklagte ist nicht vorbestraft. Zulasten der Angeklagten spricht allerdings hinsichtlich der Tat zu 1, dass sie bei Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Betäubungsmittel keine Vorkehrungen traf, um Kontakt ihrer Kinder damit zu verhindern. Sie hat diese nicht nur abstrakt gefährdet, sondern ganz konkret ihren 13-jährigen Sohn aufgefordert, ihr das Betäubungsmittel zu bringen. (…)

Für die Tat zu 2 ist als Einzelstrafe eine Freiheitsstrafe von 11 Monaten und 2 Wochen tat- und schuldangemessen. (…)

Zugunsten der Angeklagten sind erneut die oben erwähnten allgemeinen Umstände zu berücksichtigen. Die Tat zu 2. bezog sich auf eine noch vergleichsweise überschaubare Menge einer weichen Droge. Die Tat wurde nur versucht. Es ist davon auszugehen, dass der Sohn der Angeklagten bereits ohne ihr Zutun über Kontakte in die Betäubungsmittelszene verfügte.

Zulasten der Angeklagten spricht, dass die Person unter 18 Jahren, die sie zu bestimmen versuchte, ihr zur Tatzeit erst 14-jähriger eigener Sohn war, den sie als ihren Dealer einsetzen wollte. Das allgemein strafwürdige Gefährdungspotential Minderjähriger ist hier angesichts des Alters des Minderjährigen und der Tatsache, dass die sehr konkrete Gefahr von Entwicklungsgefährdungen durch Kontakte in die Betäubungsmittelszene von der eigenen Mutter ausgeht, erheblich gegenüber vergleichbaren Fällen gesteigert.

Die Vollstreckung der Strafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Sozialprognose der Angeklagten ist gut. Sie wurde erstmals überhaupt strafrechtlich verurteilt. Durch eine Abstinenzweisung kann sichergestellt werden, dass sie den kriminogenen Betäubungsmittelkonsum dauerhaft einstellt.

Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Vollstreckung der Strafe nicht.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 09.02.2023
Aktenzeichen 1116 Ls 362 Js 144481/22
Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Pressemitteilung vom 13. März 2023

Cookie Consent mit Real Cookie Banner