Die heute mündlich verhandelte Klage der Bürgerinitiative „Kein Erdöl aus Offenbach e.V.“, mit der sie die Offenlegung der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsvorprüfung (UVP-Vorprüfung) betreffend eine Erdöl-Explorationsbohrung in Offenbach an der Queich forderte, war zum überwiegenden Teil erfolgreich.

Das beigeladene Unternehmen vermutet in Offenbach ein Erdölvorkommen und möchte daher eine Explorationsbohrung vornehmen, bei der zunächst vorübergehend eine Bohrstation errichtet und herausgefunden werden soll, ob dort tatsächlich Erdöl in einem Umfang vorhanden ist, der eine dauerhafte Förderung rentabel erscheinen lässt. Im Genehmigungsprozess zur geplanten Explorationsbohrung war eine sog. UVP-Vorprüfung durchzuführen. In diesem Verfahren wird geprüft, ob es sich bei der Explorationsbohrung um ein Vorhaben handelt, für das eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Die Vorprüfung kam zu dem Ergebnis, dass das für die Explorationsbohrung nicht der Fall ist.

Die Bürgerinitiative beantragte im Juli 2020 beim Landesamt für Geologie und Bergbau Akteneinsicht in die Unterlagen zur UVP-Vorprüfung. Nachdem das beigeladene Unternehmen, das die Bohrung durchführen möchte, dazu angehört worden war und der Akteneinsicht nicht zugestimmt hatte, wurde der Bürgerinitiative die Akteneinsicht nur mit teilweise geschwärzten Unterlagen gewährt. Die Schwärzungen wurden damit begründet, dass es sich bei den geschwärzten Informationen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens handele. Gegen die Entscheidung, die Akteneinsicht nur mit zahlreichen Schwärzungen zu gewähren, legte die Bürgerinitiative Widerspruch ein, der teilweise Erfolg hatte. Die Widerspruchsbehörde erklärte einige der Schwärzungen für rechtswidrig und gewährte eine dementsprechend erweiterte Akteneinsicht. Einige Schwärzungen blieben aber bestehen.

Die Bürgerinitiative erhob im Januar 2022 Klage zum Verwaltungsgericht und machte geltend, die verbliebenen Schwärzungen seien rechtswidrig und daher unzulässig. Es handele sich bei den geschwärzten Informationen nicht um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die geschützt werden müssen. Die Angaben seien vielmehr Umweltinformationen, zu denen ihr ein umfassender Auskunftsanspruch zustehe.

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts hat der Klage am heutigen Tage überwiegend stattgegeben.

Die Schwärzungen seien zum überwiegenden Teil rechtswidrig erfolgt, weil es sich dabei nicht um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handele. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verbliebenen Schwärzungen seien die Regelungen des Landestransparenzgesetzes Rheinland-Pfalz, wonach jedem Bürger grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen zustehe. Dieser Anspruch bestehe allerdings unter anderem dann nicht, wenn durch die Zugänglichmachung Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Dritter preisgegeben würden. Seien also in den Unterlagen, in die Einsicht begehrt wird, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Dritter enthalten, so seien die entsprechenden Passagen zu schwärzen, weil hierin kein Einsichtsrecht bestehe. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge zu verstehen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich seien und an deren Nichtverbreitung der Unternehmer ein berechtigtes Interesse habe. Betriebsgeheimnisse umfassten im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse vornehmlich kaufmännisches Wissen. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setze neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmers an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse bestehe, wenn die Offenlegung der Information geeignet sei, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen.

Dies sei bei den meisten Schwärzungen nicht der Fall. So sei etwa die Größe der zu errichtenden Bohrfläche, die versiegelt werde, eine offenkundige Tatsache, die jedermann zugänglich sei, der mit einem Zollstock zur Bohrfläche komme. Den Einwand des Beklagten und der Beigeladenen, es handele sich um ein Betriebsgeheimnis, weil Konkurrenten mit Kenntnis der Größe der geplanten Fläche berechnen könnten, wie viel Material und Arbeitskraft für die Herstellung eines flächenundurchlässigen Platzes erforderlich sei, was Rückschlüsse auf den Umfang der Bohrung und damit auf den Umfang des erwarteten Bodenschatzes ermögliche, ließ die Kammer nicht gelten. Es sei nicht zu erkennen, dass durch diese Angaben den Marktkonkurrenten ein exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich gemacht und so die Wettbewerbsposition der Beigeladenen nachteilig beeinflusst werde. Das Gericht hielt die fraglichen Angaben nämlich für zu allgemein, um konkrete Schlüsse auf die finanziellen Spielräume der Beigeladenen oder den Umfang der Bohrung zuzulassen. Ähnlich sah es die Kammer, was Angaben über die Anzahl der LKW angeht, die während der Auf- und Rückbauphase an- und abfahren oder allgemeine Bezeichnungen der Gesteinsschichten, die durchbohrt werden sollen.

Als schützenswerte Betriebsgeheimnisse stufte die Kammer die exakten Koordinaten des Ansatzpunktes und des Landepunktes der Bohrung sowie die Informationen über den genauen Bohrungsaufbau und Bohrungsausbau ein.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 26. Januar 2023 – 4 K 67/22.NW

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt / WStr., Pressemitteilung vom 26. Januar 2023

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