Mit Urteil vom heutigen Tage hat das Landesverfassungsgericht die Organklage der AfD-Fraktion und ihrer Abgeordneten gegen den Beschluss des Landtags über das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2020 und das entsprechende Haushaltsbegleitgesetz vom 9. Dezember 2020 sowie gegen die Einbringung der entsprechenden Gesetzentwürfe durch die Landesregierung überwiegend zurückgewiesen.

Allerdings hat das Gericht festgestellt, dass die Antragsteller in ihren persönlichen Abgeordnetenrechten verletzt sind, soweit die Ermächtigung für das Finanzministerium, bis zur Höhe von 2,85 Milliarden Euro Kredite aufnehmen zu können, über die Dauer des Haushaltsgesetzes 2020/2021 hinaus fort gilt (§ 2 Abs. 2a Satz 2 Haushaltsgesetz 2020/2021). Die Fortgeltung einer Kreditermächtigung über die Geltungsdauer eines Haushaltsgesetzes hinaus hat im Unterschied zum Grundgesetz und zu anderen Landesverfassungen keine Rechtsgrundlage in der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern. Eine solche Fortgeltung der Kreditermächtigung verletzt das Recht der Abgeordneten, an den wesentlichen Entscheidungen zum Haushalt beteiligt zu werden (Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art. 61 Abs. Landesverfassung M-V – LV M-V).

Ferner hat das Gericht festgestellt, dass die Antragsteller in ihren Abgeordnetenrechten verletzt waren, soweit der Wirtschaftsplan des Sondervermögens „MV-Schutzfonds“ zwischenzeitlich lediglich der Einwilligung des Finanzausschusses bedurfte (§ 5 SVMVFG M-V in der Fassung vom 9. Dezember 2020). Wegen des sehr weiten Zwecks des Sondervermögens „MV-Schutzfonds“ wäre ein Beschluss des Landtagsplenums über den Wirtschaftsplan erforderlich gewesen, um das Recht der Abgeordneten zu sichern, in öffentlicher Debatte durch Diskussionsbeiträge, Änderungsanträge und Abstimmung an der Entscheidung über wesentliche Haushaltsmittel mitzuwirken (Art. 22 LV M-V). Ein Ausnahmefall, in dem die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf einen Ausschuss zulässig ist, lag hier bei der Verabschiedung des Gesetzes im Dezember 2020 auch in Ansehung der Corona-Pandemie nicht vor. Die Regelung wurde im Übrigen schon im Juni 2022 geändert und die Zuständigkeit des Landtages nun gesetzlich festgeschrieben (§ 5 SVMVFG M-V in der Fassung vom 30. Juni 2022).

Ohne Erfolg sind jedoch die übrigen Einwendungen der Fraktion und ihrer Abgeordneten geblieben. Die Antragsteller können im Organstreitverfahren insbesondere nicht geltend machen, es liege ein Verstoß gegen die „Schuldenbremse“ vor, der erforderliche Zusammenhang zwischen der Corona-Pandemie und den Kreditaufnahmen sowie den geplanten Maßnahmen liege nicht für den gesamten Umfang vor, die Grenzen eines Sondervermögens seien wegen seiner Größe überschritten und die Haushaltsgrundsätze seien nicht eingehalten. Die Antragsteller können sich auch nicht darauf berufen, die Landesregierung habe ihre Rechte verletzt, indem sie die Gesetzentwürfe für den zweiten Nachtragshaushalt in den Landtag eingebracht haben. Diese Einwendungen sind im Organstreitverfahren unzulässig, weil die Verletzung spezifischer Abgeordnetenrechte nicht erkennbar ist.

Quelle: Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Pressemitteilung vom 24. November 2022

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