Leitgedanke der diesjährigen, inzwischen bereits im neunten Jahr regelmäßig durchgeführten interdisziplinären Fachtagung der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig und der Polizeidirektion Braunschweig zur Bekämpfung häuslicher Gewalt war das Thema: „20 Jahre Gewaltschutzgesetz“. 

 

Nach der Veranstaltungseröffnung durch Generalstaatsanwalt Detlev Rust und Polizeipräsident Michael Pientka befassten sich über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zentral damit, was das Gewaltschutzgesetz seit seiner Einführung bereits bewirkt und verbessert hat. Dazu zählt etwa, dass Opfer Schutz erhalten, ohne das gewohnte Umfeld verlassen zu müssen. Diskutiert wurde aber auch, ob es noch Schwachstellen und vielleicht Nachbesserungsbedarf gibt. 

 

Ein Rückblick und ein Ausblick.

 

Gewalttaten, die hinter Wohnungstüren geschehen, sind längst keine Privatangelegenheit mehr. Eine zentrale Rolle spielen dabei das im Jahr 2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz mit seinem Grundsatz„Wer schlägt, muss gehen!“ und die in Niedersachsen mit der Umsetzung des Gesetzes entwickelten Landesaktionspläne sowie nicht zuletzt die interdisziplinäre Koordinierungsstelle zur Bekämpfung häuslicher Gewalt für die Region Braunschweig, die vor vier Jahren von diversen Netzwerkpartnern gegründet wurde. Diese Koordinierungsstelle bildet einen Zusammenschluss aus aktuell 51 Akteurinnen und Akteuren: aus Beratungsstellen, freien Trägern, Justiz, Medizin, Polizei und Verwaltung. Alle haben das Ziel, häuslicher Gewalt nachhaltig und wirkungsvoll entgegenzutreten. 

 

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Veranstaltung sind sich einig, dass die interdisziplinäre Koordinierungsstelle für die Region Braunschweig weiterhin ein Erfolgsmodell mit Vorbildcharakter über die Region hinaus ist. Ein Ziel der Fachtagung war und ist erneut der Austausch von Informationen und Fachwissen der beteiligten Stellen untereinander sowie die Stärkung der Zusammenarbeit. 

 

Dass ein gutes, vertrauensvolles Netzwerk aller Beteiligten besteht und die Zusammenarbeit schnell und effektiv funktioniert, ist gerade vor dem Hintergrund des Kernthemas „20 Jahre Gewaltschutzgesetz“ von herausragender Bedeutung: Denn die Vorschriften des Gewaltschutzgesetzes beschäftigen beispielsweise gleich zwei Bereiche der Justiz, Familiengericht und Strafverfolgungsbehörden, für die Informationen und deren Austausch wesentlich zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben sind. 

 

Überdies kam in der Veranstaltung zur Sprache, dass die Verfahrenszahlen angezeigter häuslicher Gewalt bei den Strafverfolgungsbehörden im Rückblick auf die letzten Jahre kontinuierlich anwachsen, was unter anderem mit guter Aufklärung und Beratung, wachsender gesellschaftlicher Aufmerksamkeit sowie der damit einhergehenden Aufhellung des Dunkelfelds in diesem Kriminalitätsphänomen zu tun hat.

 

Zudem konnte in den letzten Jahren eine Veränderung der Gewaltformen beobachtet werden. Durch die fortschreitende Digitalisierung, insbesondere die Nutzung der sozialen Medien, entstanden letztlich auch neue Möglichkeiten, auf Opfer einzuwirken. Deshalb war es auch Tagungsthema, welche Phänomene digitaler Gewalt es gibt und welche Möglichkeiten des Selbstschutzes vorhanden sind. In der digitalen Welt sind oft andere Reaktionen gefragt. Es gibt aber auch neue Angebote für die Opfer und weitere Fortbildung für die mit der Bekämpfung beschäftigten Stellen.

 

Aufklärung, Beratung, Gewaltprävention (z.B. durch Projekte wie StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt), Strafverfolgung, Überwachung von Schutzmaßnahmen – all dies erfordert ein gutes Zusammenwirken aller Akteure. Deshalb sind der fortwährende Ausbau und die Stärkung der Strukturen in unserer Region weiterhin ein wichtiges Anliegen.

 

Generalstaatsanwalt Detlev Rust bekräftigte dazu, dass die Initiative ihm ein starkes Anliegen ist:

„Die erfolgreiche und kontinuierliche Zusammenarbeit aller Netzwerkpartner wirkt nachhaltig bei der Bekämpfung jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen. Seit nunmehr schon fast zehn Jahren werden diese viel beachteten interdisziplinären Fachtagungen mit großem Effekt für Prävention, Opferschutz und wirksame Strafverfolgung durchgeführt.


Mein ganz persönlicher Dank gilt dabei der Sonderdezernentin der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Frau Oberamtsanwältin Katrin Heiland, als einer Organisatorin von der ersten Stunde an. Ohne ihr unermüdliches Engagement für die Sache würden diese gewinnbringenden Tagungen in unserer Region nicht in dieser Form und Regelmäßigkeit stattfinden. Neben den Strukturen, an deren Verbesserung wir laufend arbeiten, sind es immer auch der Elan und das Herzblut einzelner, die helfen und dafür sorgen, das Recht auf ein gewaltfreies Leben in der Gesellschaft durchzusetzen.“

 

„Aktuelle Fälle aus der Polizeidirektion Braunschweig zeigen, wie wichtig auch nach zwanzig Jahren Gewaltschutzgesetz das Festhalten an einem gemeinsamen interdisziplinären fachlichen Austausch ist. Ich halte gemeinsame, nachhaltige Anstrengungen im Kampf gegen „Häusliche Gewalt“ für absolut notwendig. 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Polizei, Justiz, den beratenden Institutionen wie der BISS, den Frauenhäusern und Beratungsstellen sowie dem Netzwerk der „iKost Häusliche Gewalt“ haben sich angemeldet. Dieses große Interesse zeigt mir, wie bedeutsam das Thema und der gemeinsame Austausch ist.

 

Die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehenden neuen Möglichkeiten auf Opfer einzuwirken, insbesondere im Bereich der sozialen Medien, stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Hier Antworten zu finden, steht im Focus dieses Fachaustausches. Das Organisationsteam um Oberamtsanwältin Katrin Heiland von der Staatsanwaltschaft Braunschweig und dem Verantwortlichen für die Kriminalprävention der Polizeidirektion Braunschweig, Frank Hellwig, hat wieder fachkundige Referentinnen und Referenten mit interessanten Fachbeiträgen gewinnen können, um gute Impulse für neue Ideen und Perspektiven zu geben.“, würdigte Polizeipräsident Michael Pientka in seiner digitalen Begrüßung die nachhaltige Arbeit gegen die Häusliche Gewalt.

Quelle: Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig, Pressemitteilung vom 15. September 2022

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