Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn verworfen.
Das Amtsgericht Paderborn hatte den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Frei-heitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Paderborn die Freiheitsstrafe auf ein Jahr und neun Monate herabgesetzt, die Vollstreckung der Strafe jedoch nicht wie vom Angeklagten erstrebt zur Bewährung ausgesetzt. Die Verurteilung zu einer vollstreckbaren Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ist mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm rechtskräftig.

Nach den Urteilsfeststellungen des Amtsgerichts, die der Angeklagte nicht angefochten hat, befuhr er am 19. April 2019 mit seinem Auto die Verner Straße aus Verne in Richtung Salzkotten, wobei an dieser Stelle die Geschwindigkeit auf 70 km/h beschränkt war. Während er mit über-höhter Geschwindigkeit fuhr, las er auf seinem Mobiltelefon zwei Text-nachrichten, schrieb eine sehr kurze Antwort und legte das Telefon an-schließend in der Mittelkonsole ab. Infolge dessen hatte er nicht be-merkt, dass er sich in einer langgezogenen Rechtskurve drei Personen auf Fahrrädern, einer Mutter mit ihrer 3-jährigen Tochter auf dem Fahr-radkindersitz und der davor mit ihrem Kinderrad fahrenden 6-jährigen Tochter, näherte. Als er wieder aufschaute, bemerkte er die Familie zu spät, versuchte noch abzubremsen, kollidierte aber noch mit einer Ge-schwindigkeit von 82 km/h oder mehr mit den Fahrradfahrern. Durch den Unfall wurden die Mutter getötet und die beiden Mädchen schwer verletzt.

Das Landgericht hat bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklag-ten im Wesentlichen dessen bereits früh abgelegtes umfassendes Ge-ständnis, das auch den Kindern eine belastende Aussage in der Haupt-verhandlung ersparte, und die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 10.000 Euro, für die der Angeklagte einen Kredit aufnahm, und mehrere Entschuldigungen des Angeklagten berücksichtigt. Außerdem hat es zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er zuvor weder strafrechtlich noch verkehrsrechtlich belastet war. Zu seinen Lasten hat das Landgericht im Wesentlichen gewürdigt, dass der Angeklagte die zulässige Höchstge-schwindigkeit um mindestens 15 km/h überschritt und während der Fahrt sein Mobiltelefon bediente. Vor allem das Verfassen der Text-nachricht stelle eine massive Ablenkung vom Verkehrsgeschehen dar, so dass dem Angeklagten insgesamt eine ganz erhebliche Sorg- und Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen sei.

Eine Strafaussetzung zur Bewährung lehnte das Landgericht ab, obwohl der Angeklagte bereits früh ein umfassendes Geständnis abgelegt, mit-tels eines Kredits ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro gezahlt hatte und weder strafrechtlich noch verkehrsrechtlich vorbelastet war. Vor diesem Hintergrund könne dem sozial integrierten Angeklagten zwar eine günstige Prognose gestellt werden. Auch lägen deswegen beson-dere Umstände vor, die die Strafaussetzung einer über ein Jahr hinaus-gehenden Freiheitsstrafe ausnahmsweise zulassen würden. Eine Straf-aussetzung zur Bewährung komme hier jedoch nicht in Betracht, da die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten sei (§ 56 Abs. 3 StGB). Insbesondere der vorsätzliche Verstoß gegen das Verbot, elektronische Geräte wie Mobiltelefone aufzunehmen und zu bedienen (§ 23 Abs. 1a StVO), stelle sich hier als besonders schwerwiegend dar. Der Angeklagte habe sich für einen belanglosen Austausch von Textnachrichten über dieses Verbot und die dadurch ge-schützten Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer ohne Be-denken hinweggesetzt. Die Tat sei dabei auch Ausdruck einer verbreite-ten Einstellung, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt ge-kennzeichnete Norm nicht ernst nehme und von vorneherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe zur Bewährung vertraue.

Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Vorinstanz:
LG Paderborn – Urteil vom 5. Oktober 2021 – 05 Ns – 18 Js 491/19 – 8/21

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, Pressemitteilung vom 17. März 2022

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