Niedersachsens Justizministern Barbara Havliza hat heute in Hannover einen neuen Leitfaden zum Erkennen antisemitischer Straftaten vorgestellt. Der Leitfaden soll Polizei und Justiz bestmöglich dabei unterstützen, antisemitisch motivierte Straftaten aufzudecken und zu verfolgen.

Zugleich informierte Havliza darüber, dass niedersächsische Staatsanwaltschaften im Jahr 2021 insgesamt 253 Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Bestrebungen eingeleitet haben; im Jahr 2020 waren es insgesamt 179. Tatvorwürfe waren ganz überwiegend entweder Volksverhetzung und Gewaltdarstellung oder das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen.

Havliza: „Es ist besonders wichtig, antisemitisch motivierte Straftaten als solche zu erkennen, klar zu benennen und konsequent zu verfolgen. Denn oft werden antisemitische Bezüge nicht offen propagiert, sondern durch die Verwendung angeblich ganz anders gemeinter Symbole oder Bezeichnungen getarnt. Genau hier setzt der neue Leitfaden an. Das erachte ich als sehr wichtig. Antisemitisch motivierte Delikte und der Umgang mit ihnen wirken sich unmittelbar auf jüdisches Leben bei uns in Niedersachsen aus. Besonders freut es mich, dass der Leitfaden als Gemeinschaftswerk von Staat und Zivilgesellschaft zustande gekommen ist.“

Der Leitfaden stellt vor allem eine praktikable Arbeitshilfe dar. Ein wesentliches Element ist eine klar strukturierte Checkliste. Sie soll die Einordnung der möglicherweise antisemitischen Motivation von Straftaten erleichtern. Der Leitfaden enthält außerdem umfangreiche Hintergrundinformationen, zum Beispiel zu antisemitischen Organisationen, Codes und Symbolen.

Niedersachsens Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens, Dr. Franz Rainer Enste, hat an dem Leitfaden ebenfalls mitgewirkt. „Bei der Lektüre wird deutlich, wie dynamisch, vielgestaltig und oftmals subtil antisemitische Feindbilder und Stereotype wirken. Die vielen wertvollen Hintergrundinformationen können das eigene Wissen vertiefen oder dazu dienen, Straftaten besser einzuordnen. Damit soll der Leitfaden Justiz und Polizei in ihrer alltäglichen Arbeit unterstützen“, so der Landesbeauftragte.

Der Leitfaden wurde entwickelt von einer Kernarbeitsgruppe aus dem im Niedersächsischen Justizministerium ansässigen Landes-Demokratiezentrum, der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus RIAS Niedersachsen sowie der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. In einem Beirat vertreten waren: die Betroffenenberatung Niedersachsen, die Generalstaatsanwaltschaft Celle, der Landesbeauftragte gegen Antisemitismus, das Landeskriminalamt Niedersachsen, der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen, der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, das Niedersächsische Justizministerium, die Polizeiakademie Niedersachsen, die Polizeiinspektion Verden/Osterholz und die Staatsanwaltschaft Oldenburg.

Der Leitfaden steht über diesen Link zur Verfügung.

Quelle: Niedersächsisches Justizministerium, Pressemitteilung vom 10. März 2022

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