Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschluss vom 25. Januar 2022 § 17 Abs. 1 der Corona-Verordnung mit sofortiger Wirkung insoweit außer Vollzug gesetzt, als die Vorschrift Geltung für die „eingefrorene Alarmstufe II“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO beansprucht. Denn das „Einfrieren der Alarmstufe II“ durch die Corona-Verordnung der Landesregierung sei voraussichtlich rechtswidrig.


Sachverhalt
Der Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen § 17 Abs. 1 der CoronaVO der Landesregierung in der Fassung vom 11. Januar 2022. Sie betreibt ein Schreibwarengeschäft im Ortenaukreis und sieht sich in ihrer Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Schreibwarengeschäfte seien nicht weniger wichtig als Blumengeschäfte, die die Landesregie-rung zur Grundversorgung rechne und die daher keinen 2 G-Beschränkungen unterlägen. Das Einfrieren der Alarmstufe II sei mit den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes unvereinbar.


Die Landesregierung (Antragsgegner) ist dem Antrag entgegengetreten. Die Vorschrift über das Einfrieren der Alarmstufe II werde im Anschluss an den Beschluss des VGH vom 20. Januar 2022 zur Rechtswidrigkeit der eingefrorenen Alarmstufe II für Studierende zeitnah aufgehoben. Es handele sich um eine vorübergehend zur Anwendung kommende Ausnahmeregelung, mit der der Verordnungsgeber auf das aktuelle Infektionsgeschehen und den derzeit nur beschränkten wissenschaftlichen Erkenntnisstand reagiere. Die 2 G-Beschränkungen für den Einzelhandel seien rechtmäßig.

Beschluss des VGH
Der 1. Senat des VGH hat § 17 Abs. 1 CoronaVO insoweit außer Vollzug gesetzt, als die Vorschrift Geltung für die „eingefrorene Alarmstufe II“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO beansprucht. Das „Einfrieren der Alarmstufe II“ sei – wie der Senat bereits für Studierende entschieden habe (vgl. Pressemitteilung vom 21. Januar 2022) – voraussichtlich rechtswidrig. Eine Vorschrift, die ausdrücklich „unabhängig“ von der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz weitreichende Zugangsbeschränkungen für nicht-immunisierte Personen normiere, stehe mit den gesetzlichen Vorgaben aus § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG nicht in Einklang. Erhebliche Grundrechtsbeschränkungen könnten nicht abgekoppelt von der 7-Tage-Hos-pitalisierungs-Inzidenz angeordnet werden. Die Beschränkung des Zugangs zum Einzelhandel sei keine Maßnahme des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG. Der Gesetzgeber sei ausdrücklich davon ausgegangen, dass zu den Maßnahmen des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG nur „niederschwellige“ Maßnahmen gehörten.


Der VGH lehnte den Antrag jedoch insoweit ab, als sich die Antragstellerin gegen die Regelung des § 17 Abs. 1 CoronaVO zur (schwellenwertabhängigen) Alarm-stufe i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO und zur (schwellenwertabhängigen) Alarmstufe II i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO wandte. Diese Beschränkungen beruhten voraussichtlich auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage und verletzten die Antragstellerin nicht in ihrer Berufsfreiheit und dem Gleich-behandlungsrecht (vgl. auch Pressemitteilung des VGH vom 12. Januar 2022).


Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar (1 S 89/22).


Folgen des Beschlusses
Für den Einzelhandel gilt aufgrund des Beschlusses des VGH nun (Stand heute) die Alarmstufe nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 25. Januar 2022

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